Maria Suzanne Gsell-Schobinger, 1793 - 1875

in Besitz von Alain Gsell, Deauville

Über Susanne Schobinger, 1793-1875, verheiratet mit dem Lithographen Jakob Laurenz Gsell, wissen wir aus Ihren vielen Briefen, an ihren Mann, an Ihre Söhne Caspar, Jakob Laurenz und Theodor, sowie an Ihre Freundin Susanne Högger, gut Bescheid. Ihre Sorge um die Familie steht im Vordergrund. Ihr Mann, nach seinen beruflichen Misserfolgen zieht sich in sein Künstleratelier zurück. Er ist als einer der ersten Lithographen der Schweiz bekannt, aber seine Arbeiten sind gröstenteils verschollen, und wir wissen weniger persönliches von ihm. Hingegen sind uns Taten, Wesen und Gemüt von Susanne durch Ihre Korrespondenz erschlossen. Eine seltene Gelegenheit eine bürgerliche Frau aus eine Kleinstadt kenne zu lernen und mit den zahlreichen Biographien adliger und "intellektuellen" Frauen dieser ereignissreichen Zeit zu vergleichen

Die Familien Schobinger - Züblin bewohnte das Nachbarhaus der Familie Gsell-Zollikofer. Susanne, das älteste der 3 Schobinger Kinder heiratete 1813 mit 20 ihren Jugendfreund, den 27 jährigen, den ältesten der 3 Gsellen Nachbarskinder, Jakob Laurenz Gsell.

Das obenstehende Porträt ist von Caspar, dem ältesten Sohn gemalt, und wahrscheinlich bei dessen Besuch in St.Gallen entstanden ist im Besitz ihres Enkel Alain Gsell, Deauville.

Ihr wurden 1814, 1815 und 1818 drei Söhne geboren, in einer unruhigen St.Gallerzeit und einer Zeit in welcher ihr Mann als junger Kaufmann oft nach Frankreich geschickt wurde, von wo er schliesslich als „Versager“ in die Heimatstadt zurückbeordert wurde. Die Briefe welche ihr Mann zwischen 1814 und 1819 aus Lyon und Paris an seine junge Frau mit ihren drei kleinen Kinder geschrieben hat sind zugleich Liebesbriefe, Rechenschaftsbriefe und Erlebnisbriefe und auch Dokumente zur Stellung einer jungen Mutter und Hausfrau anfangs des 19.Jh..Das „Züblinsche Erbe“ war der tüchtigen jungen Frau sicherlich ein Hilfe, die Kindern angemessen erziehen zu können, bis dann der Vater und Ehemann sich im neuen lithographischen Gewerbe durchsetzen konnte.

Susanne Högger

Während ihr Mann, Jakob Laurenz, sich der Kunst widmete und sich in sein Atelier beim Klosterplatz zurückzog, lebte Susanne Högger, die Herzens- und Namensfreundin, im Familienhaus und nahm regen Anteil am Leben und an der Erziehung der Kinder. Die (Liebes-) Briefe, die sich die zwei Frauen schrieben, zeigt eine Beziehug unter Frauen auf, deren Deutung dem Leser selbst überlassen wird.

Susanne Högger

. eine körperlich kränkliche, sensitive Person, die während Wochen zur Kur auf dem Rigi und im Weissbad weilte und doch war sie es, welche die Familie zusammen hielt, siBriefe auf den Rigi, 1833-1839

Die Gesundheit von Susanne liess oft zu wünschen übrig. Sie war eine körperlich kränkliche, sensitive Person, die während  Wochen zur Kur auf dem Rigi und im Weissbad weilte und doch war sie es, welche die Familie zusammen hielt, sich mit den Söhnen in vielen Briefen austausche, mithalf mit französisch Unterricht Geld zu verdienen. In ihrer Herzensfreundin Susanne Högger die mit der Familie im Haushalt lebte erhielt sie viel Unterstützung. Zu ihren Sommeraufenthalten auf dem Rigi, oft zusammen mit den Jungfern Högger und Hofmeister sind 11 Briefe erhalten, die ihr Mann in den Jahren 1833 bis 1839 an sie, Adresse Rigi, geschrieben hat. Während Susanne Gsell auf dem Rigi kurt ist Jakob Laurenz an seinen freien Tag beim Wandern im Albstein unterwegs und besucht die Gesellschaften im Weisbad und in Gais.

Über das Eidgenössische Schützenfest, Juni 1838, wird einghehend berichtet.

Die von J.L. organisierten Kunstaustellungen finden Erwähnung. Diday wird erwähnt.

Der Umbau des Hauses/Wohnung.

Was von den Söhnen erfahren wird, wird ausgetauscht. Jakob ist zur Kur nach Leuk gewandert.

Der Schwager Carl Schobinger

Der Neffe Fritz Schobinger

Eine kurze Notiz wird dem Bankrot von Haim und dem Verschwinden von Zollikofer gegeben, Brief vom 12.07.1833

Briefe nach Rio und von Rio

(Text aus Otto Gsell, etwas moderiert. Der Briefverkehr " Von und nach Rio) ist in 5 Manuskripten transkribiert und publiziert und beginnen mit der Schilderung der abenteuerlichen Reisen von Jakob Laurenz nach Rio. Der erste Brief wird in Basel am 10. Februar 1836 nach hause geschickt. Der letzte, vor seiner entgültigen Rückkehr nach St.Gallen wird am 20. September 1850 von Rio nach St.Gallen spediert. Die Briefe aus St.Gallen, von 1836-1850 , gingen ca. alle 2 Monate an Jakob in Rio ab, meist als Antwort auf einen seiner Briefe, die damals mit Schiff nach Le Havre und mit Post über Belfort, Hüningue ca. 2 Monate brauchten. Die in sauberer deutscher Schrift auf 1-2 Bogen, vorn und hinten beschrieben, an den "innig geliebten" Jakob gesandten Briefe beginnen immer mit dem herzlichen Dank für die Nachrichten des weit Entfernten, meist mit der Bitte, heimzukehren und sein altes Mütterchen aufzusuchen. Dann folgen meist Meldungen über politische Ereignisse in der Schweiz und besonders in St. Gallen, anschliessend über das eigene Ergehen und am ausführlichsten über den 1oka1en "Klatsch": Todesfälle, Erkrankungen, Verlobungen und Heiraten, Geburten, wobei besonders auch auf die Tätigkeit der Pfarrherren eingegangen wird. Notiert ist z.B. am 19.11.1839, dass das Multertor und der Grüne Turm abgebrochen und das neue Zeughaus im Klosterhof gebaut worden ist, und dass dadurch von der Stiftskirche bis zum Rathaus hinunter eine freie Strasse entstanden ist. Gemeldet werden jeweils die Postsendungen, die nach Rio abgingen, mit den Kosten, die der Sohn jeweils bezahlte, so nicht nur die "Allgemeine Zeitung" und Periodica, sondern vor allem literarische Neuerscheinungen und Lexika. Es geht daraus hervor, dass Jakob über die Verhältnisse in der Schweiz und in Europa genau orientiert werden wollte, dass er viel las und dass er auch einen Schweizer Schützenverein in Rio gründete. Vater und Onkel in St. Gallen stimmten dem gar nicht bei und meldeten 1848, dass diese republikanische Ausländervereinigung wohl zu Konflikten mit der monarchistischen Regierung in Brasilien führen köntne.

Die Briefe an Jakob Laurenz wurden nicht allein von der Mutter, sondern nicht wenige auch bei deren Krankheiten von der "VizeMutter"Jungfrau Högger, die mit den Eltern zusammenwohnte und abends mit ihnen Skat spielte - geschrieben. Diese gab Stunden (Klavier?), während die Mutter Sprachstunden gab, um ein zusätzliches Verdienst zu haben. Oefters musste die Mutter aussetzen im Schreiben, sie hatte Schwindel, Schwächen, Ohnmachten, jeweils über Monate gehend, als Nervenschwäche benannt resp. wohl neurasthenische leicht depressive Störung einer sensitiven, zarten Person, die um das Wohl ihrer 3 Söhne besorgt war, die in den Jahren der Briefsendung namentlich für ihren jüngsten Sohn als Studiosus, erst der Theologie, dann stud. phil. und schliesslich stud. med., manche Jahre zu sorgen hatte. Der väterliche Verdienst scheint nie einträglich gewesen zu sein. So musste die Mutter auch von einem Züblin'schen Erbe (ihre Mutter war eine Züblin) Geld entnehmen, wie in einem der Briefe geschrieben wird. In den 40er Jahren kaufte Jakob Laurenz von Brasilien aus, den Eltern eine Rente für ihr "alten Tage", jährlich ca. um F . 1000.--, damals recht beträchtlich, damit ihre Zukunft gesichert war, worüber die Mutter sehr dankbar schrieb. Dass sie mit ihrem Bruder, Kaufmann Karl Schobinger, nicht immer zufrieden war, geht aus dem Brief Nr. 77 hervor.