Geburtstagsgedicht 60 Jahre aus der Poliklinik

Bis wir die Dokumente zu Otto Gsell-Dietsch aufgearbeitet haben, nehmt bitte Vorlieb mit diesem unterhaltsamen illustriertem Gedicht:

Kleine humoristische Biographie

Ihrem verehrten Chef gewidmet zum 60. Geburtstag von seienen Assistenten

In Versen gebastelt von Hans Fehr, Baden am 25. März des Jahres 1962

NB:
Sämtliche episodalen Anspielungen sind frei erfunden. Irgendwelche  Uebereinstimmungen mit der Wirklichkeit wären daher reine Zufälligkeit.

 

 

 

 

Ein Stritzi, wie wir alle waren,
Mit seidenweichen Franzelhaaren,
Die Nase stups, die Augen hell -
Der Lausbub heisst:  Otteli Gsell !

 

 

Er drückte, wie das mal so Sitte,
Jahr um Jahr die Schulbanksitze,

Doch als die Kanti fertig war,
Galt er bereits als kleiner Star:

Versonnen, hübsch, ja leicht vergeistert,
Von Goethe und von Kleist begeistert -
Was meint der Ausdruck dieser Brille ?
Der Kragen und das enge Gillet ?
Die lässig angeho’ne Hand ?
Sitzt da vielleicht ein zweiter Kant ?
Wir wissen’s nicht. Wir sehen nur:
Die Superleistung der Natur !

 

 

 

Wir wollen hier nicht meditieren,
Weshalb er endlich das Studieren
Der Menschenmedizin begann.

Wie er sich da befriedigt fühlte,
Sieht man deutlich auf dem Bilde:

Das Gesichtsfeld weitet sich -
Die Brilengläser runden sich -
Der Blick wird forsch - hoch steht die Stirn
man merkt, da steckt ein Chef darin !

 

Und wer ihn sah, der rief entzückt:
Ei soviel Schwung - das ist verückt !

(Man denke, was die Frauen dachten —
Was die für grosse Augen machten ! - )

Zu den grössten MK’s auf der Welt
Wird der Schweizermann gezählt.

Meist beginnt das Achtungsstetten
schon sehr früh bei den Kadetten.

Und wer hn kennt, dem ist es klar,
dass unser Chef auch einer war.

Hier sehen wir so eine schöne,
rührende Soldatenszene:

 

Aufwärts rutscht er auf der Leiter,
Wurde Korpis und soweiter.

Er lernte, was ein Sanitäter
In einem Kriege einmal später
Alles können muss und sieht:

Wir wünschen guten Appetit !

 

Mehr Freude und auch mehr Pläsir
Macht der „Krieg“ als Offizier.

Da gilt es denn mit ernsten Mienen
Taktische Lagen auszusinnen.

Die beiden Herren Medicus
Knacken eine harte Nuss.

Schlussendlich wird es ihnen klar:

Gewiss, der Feind, der kommt von Ost —-
Im nächsten Bauernhaus gibt’s Most !!

Die Jahre fliehen pfeilgeschwind.

Es wird der Oberarzt geboren.

Und - da das Schicksal wohlgesinnt -
Und er eben auf der Platte,
wie man spührte, etwas hatte -

Wird er zum Chef erkoren …

 

 

Es muss ein jeder eingestehn
Ein solches Bild wirkt immer schön !

Da thront - als Ausdruck seiner Wahl -
Herr Direktor vom Kantonspital.

Und um den weisen „Dirigenten“
scharen sich die Assistenten:
Und jeder, der da zu uns äugt.
Scheint zweifelsohne überzeugt:
Ob auch zuhaus’ die Frauen wettern -
Und die Kinder hungernd zettern -

Wer stehen darf bei diesem Thron,
Ist glücklich - auch ganz ohne Lohn !

Aus dem Altag Braus und Graus
Geht man gerne mal hinaus
Auf solche kleine Sonnenschimmer,
Verstand sich unser Chef schon immer.
Dann zeigt er sich, wer möcht’s bestreiten,
Von seinen gans charmanten Seiten -
Ist voller Witz, Sankt_Galler Spässe
(Von einer ungeahnten Nässe),

Und dass er nicht tut wie ein „Boss“,
Das macht ihn eben erst recht gross.

Hier beispielweise so ein Fest
In einem Toggenburger Nest:
Draussen liegt viel kalter Schnee
Drum schlürft man gerne warmen Tee -

Es plaudern munter darauf los
Die Grossen und die Gernegross.
Wie „gsellig“ lächeln all’ die Schäfchen

Hier um den Chef -
    Und um die Chefchen !!

Zu den kleinen Geistern zählt
er nichts hält von der Alpenwelt.

Hier oben unter den Gestirnen
Kehrt Friede ein in den Gehirnen.

Wer nie den Schuh auf Firn gesetzt,
Wer nicht weiss wie ein bergseil schmerzt,
Wer nie in einem Fels geklebt,
der hat bei Gott nur halb gelebt !

So tauscht man seinen Gummihammer
Ganz gern an Pickel und an Klammer.
Erst jener ist ein ganzer Mann,
Der „pöpperlen“ und „Poppern“ kann -
Nämlich Haken in die Spalten,
So, dass sie auch wirklich halten.

Im Bilde hat Herr Doktor grad
Den Piz Bianco abgenagt.
Die natürlich gegen die Uhr !
Von Dispnose merkt man keine Spur -
Höchstens - doch was macht das schon -
Es bitzeli Hypertension !

Wer gerne reist und auf sich hält,
Reist öfters in die „Neue Wel“.

Beschert ist diese zwar nicht allen:
Die Knechte bleiben in St.Gallen -
Oder anderswo - wer weiss.
Sie schreiben emsig an Berichten,
Austrittsbriefen, Krankeng’schichten …

Zwar gäb es hiefür diese glatten
Dictaphone mit den Platten !
Doch wen stört das Verhältnis schon:
Auf 10 Assisteneten 1 Dictaphon.

So wird’s wenn sie das Nachtmahl riechen,
Auch wieder Zeit is Bett zu kriechen,
Die Stätte, wo sie ungestört,
Vom Meister träumen und den hehren
Amerikanergötterlehren,
Die er trüben wieder hört.

Und wirklich, wie wir es hier seh’n,
Geht dieser seinem Studium
Schon auf dem Schiffe emsig nach
Bei caviar und „Koniach“ —

Als Käpten Black fühlt er sich sehr
Und schmunzelt wie ein Maikäfer
Inmitten buntem Damenflor -

Wo liess er die Gemahlin nur ?

Nur keine Angst, auch in dem Hut,
Erkennt sie ihren Otto gut.

Promt nimmt sie ihn denn auch mit Charme
Wieder an den eignen Arm.
Denn für solche Seiten Sprünger
Gibt es ja die Küchenjünger.

Verlegen krazt er sich am Ohr
Und gelobt bei dieser Fahne
Als getreuer „Untertane“

In den nächsten 50 Johr
Komme solches nicht mehr vor.

Da seht ihr ihn, den Preisgekrönten,
Ihn, den von der Gunst verwöhnten,
Dem alles was er unternimmt
Meistens mit Erfolg gelingt !

Selbst das Hörrohr rankt sich „vüüre“
Wie eine grosse Leptospire, -
Weit tönt sein Ruf schon durch das Land,
Die Drucker drucken Band um Band.
Was Wunder, dass in Basel man
zu schaun begann ?
„Mir hätte noo-n-es glais Plätzli,
obe a dem Heebelsträtzli !“
Und lauter wurde diese Stimme:
„Ohni dää Maa, goht’s by uns nimme“

So trat er eines Morgens dann
Die Stelle als Professor an !

Es Poliklinikmatinee
Muess me.n-erläbt ha, muess me gseh !

Dieser Tanz der weissen Schürzen,
Wo fuss-schweiss-schwangere Düfte
Durch die Lüfte
ziehn, und uns die Nase würzen…

Wo Spritzen klirren,
Zettel schwirren,
Schwestern durch due Gänge irren,
Alles rennet, rettet, flüchtet,
Meterweis ist Blut geschichtet,
In die Fingerbeerenmitte
Zucken emsig die Stilette,
und unter leisem Wehgeklang
suchen Katheter ihren Gang …

Wer kennt sie nicht, die Rednerpose ?
do mien au d’Peppi aneloose -
Vertraut ist der St.Gallerton
Vor Publikum und Mikrophon.
Es sprudelt der Gedankengang,
Dass er ihn fast nicht ordnen kann.

Reich füllen Forschen, heilen, Streben
Seinen langen Arbeitstag.

Das Wunder, dass sein Name eben
Durch alle Länder dringen mag !

So ging es in der Stufenleiter
Und geht es sicherlich noch weiter.
Davon ist jeder überzeugt
Dem man dieses hübsche Bildchen zeigt:

Die Haare sind zwar etwas licht -
Es gibt auch Fätchen im Gesicht —

Doch was da strahlt im Festesglanz
Ist jugentliche Eleganz !
Ist Kraft, ist Schmiss, ist wacher Geist -
Ist was man einen Gentleman heisst !

Wir wünchen diesem frohen Paar
noch manches segenreiches Jahr.
Dreimal ein Hoch, es töne hell,
auf Herr und Frau Professor Gsell !