Gaspard Jules Gsell, 1814 - 1904
Geboren am 1. August 1814 in St.Gallen, gestorben am 4. Februar 1904 in Paris. Begraben auf dem Friedhof Longs Réages in Meudon.
Gaspart Jules Gsell heiratete 1859 die um 20 Jahre jüngere Caroline Adèle Laurent, die Tochter seines Geschäftpartners Emille Laurent-Huet.
Die Wohnsitze der Famlie waren:
15 rue Neuve Ménimontour, die 1847 in rue 19 St-Sébastian umbenannt wurde.
19 später 43 rue St.Sébastian. Raris 11è.
23 rue du Mont-Parnasse. Paris 14è.
10 rue de Jardies. Meudon vers 1870.
xx Porte Riche. Meudon. Retour à Paris entre 1881 et 1886.
10 rue Perceval. Paris 14è.
Notizen von Clara Wild-Gsell. geschrieben ca. 1938, mit Bemerkungen zur Familie der Eltern im Röteli
Caspar, der aelteste der drei Brüder, wählte den Künstlerberuf. Portraits von seiner Mutter und seinem Bruder Jacob, vom Vierzehnjährigen gezeichnet, zeugen heute noch von seiner ausgesprochenen Begabung. Früh kam er zu seiner Ausbildung nach Paris zu Ingres. Caspar war eine richtige Künstlernatur: für alles Schöne entflammt und unbesorgt dem Materiellen gegenüber. Er bewohnte eine Dachstube im Quartier Latin, geschmückt mit seinen Porträten und Skizzen. Hier trafen die beiden ältern Brüder, Laurenz Jakob und Theodor 1836 zusammen und leerten, trotz der bescheidenen Mittel, eine Flasche Champagner auf eine gute Ueberfahrt Jakobs nach Rio 1836.
Lithograph, Peintre, Verrier
In Paris erziehlte Caspar als Lithograph und Portaitmaler erste Erfolge und hatte dadurch ein genügend grosses Einkommen sich weiter in der Kunst auszubilden. Er trat in die staatliche Porzellanmanufaktur in Choisy-le-Roy ein, wo sich eine kleine Gruppe gebildet hatte, die das vergessene Handwerk des Glasmalens und der Glasscheibenherstellens wieder erfand. Alte Glasscheiben wurden renoviert, neue zuerst gezeichnet und dann hergestellt. Caspar machte sich bald einmal selbständig und gründete zusammen mit Emile Laurent ein eigenes Atelier.
Die Glasscheiben
In seiner Glasscheiben Manifaktur waren bis zu 40 Angestellte beschäftigte. In vielen Departementen Frankreichs ziehren seine neugotischen Glasfenster alte und neue Kirchen. Fenster wurden auch nach England, Kuba und die Schweiz geliefert.Wir werde versuchen einen Katalog der Werke zusammen zu stellen und die Geschichte der Neuerfindung der Glascheibenkunst aufzuzeichnen.
Die Söhne
Sieben Söhne wurden ihnen geschenkt, zwei starben im Kindesalter. Die Eltern hatten ausgemacht, dass Mädchen die Confession der Mutter (die katholische), Buben diejenige des Vaters (die protestantische) annehmen sollen. Und so geschah es. In spätern Jahren traten zwei zum Katholizismus über. Bei der Geburt des jüngsten Sohns, Germain *1877, war der älteste Bruder Laurent bereits 17 Jahre alt, der Vater im 63. , die Mutter im 43. Lebensjahr.
Maler und Buchillustrator, Restaurator
Archeologe, Historiker
Albert Jules Gsell, 28.12.1867*
ùbernahm die Glasscheibenmanifaktur des Vaters
Literat und Kunstkritiker, Schriftsteller
Germain Eduard Jean Gsell, 1877*
Kaufmann in Argentinien
Familienwohnsitz in Meudon
Um auf dem Lande den Kindern eine frohe Jugend zu sichern, zog die Familie nach Meudon. Da wurden Sonntags Ausflüge in die schönen Wälder und Täler gemacht, und nie kehrte man ohne Blumen: Maierisli, Akelei etc. heim. Das Atelier blieb in Paris; in den wunderbaren Räumen eines alten, kleinen Favoritinnen-Palais im Rococostyl mit Prachts-Stuckdecken waren die Zeichensäle; im Esszimmer mit den wundervollen Gobelins versammelten sich die Söhne zum Déjeuner um den schwarzen Ebenholztisch. Die Söhne besuchten die in Paris die Lycees . Da gab's ein lebhaftes Geplauder, wie auch abends in Meudon. Hier waren die Räume so klein, dass im Esszimmer der Vater, am Tische sitzend, seine lange Pfeife in der Ecke erreichen und dem Sündigen der Söhne ganz kräftig eines versetzen konnte. Es tönte wie in einem Vogelkäfig. Im obern Stockwerk musste nachher Stille herrschen; die Buben machten ihre Aufgaben und die Eltern sassen im Studio.
Der weise Künstler / Altersidylle
Er, der Typ eines damaligen Künstlers, mit dem langen, weissen Haar und Bart, den lebhaften, blauen Augen nie ohne schwarze Baskenmütze --- sass am Zeichentisch. Sie, immer im schwarzen Spitzentuch, der Gesichtsausdruck freundlich und sinnend, las ihm vor. Noch im späten Alter zitierte sie Racine, Corneille, Molière.
Besuche in St.Gallen
Alle Söhne waren sehr begabt und künstlerisch und literarisch tätig. Die Gsellenfamilie kam hie und da nach St. Gallen; ein Glück für die Eltern, da der Pariser Sohn gar nicht schreiblustig war. Sie wohnte dann im Röteli. 1863 feierten die Pariser mit den beiden Brüderfamilien die goldene Hochzeit der alten Eltern. Wie die meisten Feste der Gsellen wurde auch dieses im Weissbad gefeiert. Von dort aus hatte die goldene Braut in jungen Jahren den Säntis bestiegen (für jene Zeit in der Frauenwelt ein Ausnahmefall). Auch dem Schlittschuhlauf war sie ergeben und vor allem der Abhärtung, trotz eines später auftretenden Herzleidens. Das Fest verlief sehr fröhlich. Die neun Enkel führten ein Spiel von der Familien-Dichterin - Louise Gsell-Fels, der Frau des Sohnes Theodor - auf. Der vergoldete Silberpokal, von Caspar gezeichnet, wurde eingeweiht. Bei den spätern Sylvester-Feiern im Röteli trank Herrschaft und Gesinde jeweils daraus. Und jetzt ist er ein Wanderbecher geworden, welchen der älteste Gsell in Verwahrung hat und der an seinen Festen wohl meist mit einem Trinkspruch, der alten Tradition gemäss, gebraucht wird.
Ein langes Leben
Zu den ernsten Trauerfeiern konnte Caspar nicht kommen. Der Tod des Vaters fiel in das Kriegsjahr 1870. Das waren bange Zeiten für die Pariser: der Vater in der Stadt, die Familie beieinander auf dem Land, teils in Meudon, teils in Orléans. Während der Commune musste man sich zu den Aufständischen gesellen, um in der Glasmalerei-Fabrik bleiben zu können. Nach Friedensschluss fanden die Gsellen viel verwüstet, aber die Madonnenbilder alle intakt. 1875, als die geliebte Mutter starb, war Caspar krank. Das Familienbild der Schobinger-Züblin wanderte nach Meudon und wurde dort und wird noch heute in Paris ( z.Z. 2015 bei Alain Gsell in Deauville) hoch verehrt. Dass der Aelteste seine Brüder Jacob und Theodor überleben sollte, dachte wohl niemand, am allerwenigsten seine Cousine Emma Dardier, die öfters den Satz aussprach: „Caspar wird natürlich vor mir sterben, darum fällt er beim Erben ausser Betracht“. Dieser Erbanteil „tombe du ciel“ war damals wirklich eine Himmelsgabe für das alternde Paar.