Erinerungen an August Naeff

Aus dem Sonderdruck "Der Rheintaler" vom 27. September 1899

Der genialste unter seinen Brüdern war ohne Zweifel der sog. „Amtskläger" August Naeff. Derselbe erblickte am 22. Februar 1806 das Licht der Welt.Er genoss eine überaus treffliche, gründliche Schulbildung, und sein klarer Geist eignete sich das Nützliche und Brauchbare leicht an. Der Gang seines Unterrichts führte ihn von Altstätten nach Aarau und Basel und auf die berühmten Hochschulen Göttingen und Heidelberg. Kaum von der Universität (wo er Juris studierte) heimgekehrt, wählte ihn sein Heimatkreis, der mit ihm den lebhaftesten Anteil an den politischen Bewegungen der 30er Jahre genommen hatte, in den Verfassungsrat. Das von M. Hungerbühler verfasste Verzeichnis der Verfassungsräte schildert uns denselben folgendermassen: ",Jung, ehrbegierig, enthusiastisch für Freiheit und Vaterland entbrannt, nahm A. Naeff im November vorigen Jahres (1830) in der politischen Bewegung im Rheintal tätigen Anteil und war ein Mitglied der Gesandtschaft, welche an die Regierung abgeschickt wurde, um im Namen seiner Landsleute die Auflösung der Kommission und die Zusammenberufung eines vom Volk frei gewählten Verfassungsrates zu begehren. Dies und die sinnige Rede "Das Rheintal beim Erwachen der Eidgenossenschaft", worin er sein Streben und seine Gesinnung deutlicher aussprach, verschafften ihm die EhrenMitglied der konstituierenden Versammlung zu werden. Hier war er von der ersten bis zur letzten Sitzung gegen ein geschraubtes undemokratisches System seine schneidende Konsequenz und seine harsche rücksichtslose Sprache die freilich oft bis in republikanischen Cynismusb ausartete allen Herrscherlingen ein Greuel und manchen "nothvesten ll st. gallischen Geldjunkern ein Dorn im Auge. Wir aber wenn schon bei weitem nicht immer einig mit seinen Ansichten wussten an diesem jungen Manne die Entschlossenheit des Willens zu würdigen und denkender werde nach und nach die allzu scharfen Ecken seiner Theorien im praktischen Leben schon abschleifen und zugleich an männlichem Ernste und sittlicher Haltung gewinnen.

Im Verfassungsrat wirkte A. Naeff neben dem redegewandten Baumgartner mit Kraft und Entschiedenheit für die Ideen der Freisinnigen und für einen paritätischen Erziehungsrat für staatliche Beaufsichtigung der kirchlichen Verordnungen, gemischte Ehe etc.

Nach Altstätten zurückgekehrt wurde er sofort zum Bezirks-Gerichtsschreiber des Oberrheintals gewählt und im Jahre 1834 zum Sekretär des Departements des Aeussern an Stelle von Dr. Chaiser von Altstätten. In dieser Stellung verblieb er 2 Jahre und half redlich mit bei der Revision des Zollwesens beim Bau der Strassen etc. Noch heute liegen verschiedene Arbeiten aus seiner Hand im hiesigen Kantonsarchiv. Im Jahre 1838 wurde der geschäftsgewandte Jurist zum II Amtskläger (Amtsanwalt) gewählt, auf welchem Posten er bis zu seinem Tode verblieb. Seine Ruhe seine Leidenschaftsslosigkeit seine Gesetzeskenntnis verbunden mit Scharfsinn und gewissenhafter Arbeitslust eigneten ihn ganz vorzüglich zu dieser auserwählten Stellung. In den früheren Wirrwarr und in die frühere Unordnung des Bussenrechnungswesens brachte derselbe Ordnung und Klarheit. Nebenbei fand Naeff ohne seine Amtsgeschäfte zu vernachlässigen stets noch Zeit, als Dichter und Publizist auf das Leben des Volkes, das er wie wenige verstand, und zu dem er wie wenige zu sprechen wusste, vielfach segensreich einzuwirken. Früher arbeitete er zuweilen für den "Erzähler". Dann aber stiftete er den "Rheintalerboten" und besorgte eine Zeit lang dessen Redaktion. Hier schon gab er treffliche Proben seiner Fähigkeiten, ein Volksblatt zu schreiben. Viele Nummern des "Säntis", eines Blattes, das er kurz vor seinem Lebensende gründete, bekunden, dass der zu früh Dahingeschiedene in der Publizistik eine meisterhafte Feder geführt. In der Poesie-Sammlung des Herrn Dr. Theodor Scherr finden sich einzelne liebliche Proben seiner dichterischen Leistungen.

Doch war es ihm nicht vergönnt, seine umfangreichen Talente für lange Zeit zu entfalten. An ihm bewahrheitet sich der Spruch: "Wen die Götter lieb haben, der stirbt in der Jugend." Derselbe starb, erst 36 Jahre alt (am 2. Juli 1842) an einer schmerzlichen Gehirnkrankheit, in den Armen seiner ihn mit Liebe und Sorgfalt verpflegenden Verwandten und Freunden. Er starb, allgemein bedauert ob seiner vorzüglichen Eigenschaften. Er war einer jener wenigen Sterblichen, welche trotz vielseitigem Weltverkehr sozusagen keine Feinde haben. An ihm verlor seine Familie einen unvergesslichen Sohn und Bruder, der Kanton einen ausgezeichneten, schwer ersetzbaren Beamten, die gute Sache einen ebenso mutigen, als ruhigen und bedächtigen Kämpfer, das Vaterland einen seiner echtesten, gewandtesten und treuesten Bürger, und das gesellschaftliche Leben einen seltenen, ewig in dem Andenken seiner Freunde lebenden, an Witz und Humor immer reichen, immer neuen, unerschöpflichen Lebensfreund.

Leonhard Gmür, der geistvolle Redaktor des conservativen Organs, des "Wahrheitsfreundes", widmet dem Verstorbenen einen pietätsvollen Nachruf und schliesst mit den Worten des grossen Dichters:
Rasch tritt der Tod den Menschen an,
Es ist ihm keine Frist gegeben;
Es stürzt ihn mitten in der Bahn,
Es reisst ihn fort vom vollen Leben,
Bereitet oder nicht zu gehen,
Er muss vor seinem Richter stehen.

Der Frohsinnverein dem A. Naeff als Aktuar und überhaupt mit lebendigster Teilnahme angehört hatte veranstaltete am Beerdigungstag am Grabe des Dahingeschiedenen noch einen Fackelzug mit Gesang. Der "Frohsinn" wohnte dem Begräbnis in corpore bei und jedes Mitglied hatte eine weisse Rose angeheftet denn eine Rose war geknickt.

Eigenhändige Angaben von August Naeff zu seinen Jugendjahren.

  • Geworden d. 26 Febr. 1806.
  • Fünf Jahr alt das Bein gebrochen.
  • Bei Walser, Rüdlinger, Schneider instruirt.
  • 1820 Nov. Nach Aarau in d. Kantonsschule mit Carl
  • 1821 Nov. Besuch in Altstetten
  • 1822 Nov. Besuch in Altstetten
  • 1823 Aug. Besuch in Altstetten
  • 1823 28 Oct. Nach Basel verreist an die Universität
  • 1824 26 Aug. Besuch in A. u. Schwarzenbach.
  • 1824 Oct. bis 1825 Merz in Alt. überwintert.
  • 1825 Merz. Nach Göttingen verreist. Dort einen Schmiss ausgetheilt als Fuchs mit Krum Sabel. Einen Rapier Schmiss bekommen. In die Nassovia,später in die Helvetia eingetreten. Reise nach Leipzig ..
  • 1826 Sept. Reise v. Göttingen nach Braunschweig, Hannover, Hamburg, Kuxhaven, Bremen, Düsseldorf, Köln, Koblenz, Mainz, Heidelberg an die Universität.
  • 1827 Nov. v. Heidelberg auf Besuch nach A.
  • 1828 Oct. Kommt nach Altst. zurück verschuldet u. verschmissen.
  • 1829 Jan. Erstes jurist. Geschäft in Sennwald.
  • 1829 Aug.Erster Vorstand vor Bezirk.Ger. in Altstetten wegen Prozess über Strassenpflicht.
  • 1830 Verfassungsrat
  • Gerichtsschreiber
  • Interim. Regierungsschreiber

Auszug aus dem Tagebuch von August Naeff, 1823/24

1823

1.   Mai  In Aarau lustiges Studentenleben mit Kameraden: Fischer, Suttermeister, Rothpletz, Renner, Chappuis, Herosé etc.

2.   Mai  Schauspielern nacgereist bis Olten im Rosswagen. Diese reisen nach Heidelberg. Morgens um 4 Uhr abfahrt am 2. Tag. Ich komme zu spät, kehre wieder heim, bin aber zu faul um zu arbeiten.

10.  Mai "Ich muss wieder zur Schule gehen" (Kantonschule Aarau)

11.  Mai  Ich bekomme einen Brief von Schwester  Wilhelmine ....  --> weiterlesen